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    31.10.2019, 13:46 Uhr

    Ginnys Vestibulärsyndrom - wenn das Innenohr schlappmacht


    Dabei hätte unser Urlaub so schön sein sollen … . Aber das Schicksal hatte einen ganz anderen Plan. Als wir am späten Nachmittag von unserem schönen Ausflug an die Geltinger Birk zurückkamen, sah die Chefin mit einem Blick, dass zuhause irgendetwas ganz und gar nicht in Ordnung war.

      
    Gut, ein alter Hund macht mal ins Haus, da spielt auch zunehmende Vergesslichkeit eine Rolle, aber quer über den Flur verteilt lag Kot und Erbrochenes. Unheil ahnend eilte die Chefin zu unserem alten Püppchen. Im Schlafzimmer lag sie zitternd auf dem Bett.Alles war vollgespuckt und die Augen zuckten wild hin und her, hin und her, hin und … . Auf fachchinesisch nennt man das Nystagmus und in Realität war es der totale Horror.

      
    Das Gleichgewichtsorgan im Innenohr von Ginny hatte einen Infarkt oder das Zentrum im Gehirn, dass für die Verarbeitung der Reize aus dem Innenohr verantwortlich ist, so genau weiß man das nicht. Ginny fühlte sich als würde sie permanent Karussell fahren, die Augen versuchten krampfhaft einen fixen Punkt im Raum auszumachen, es war das Grauen!

    Die Chefs sind sofort mit der Maus zum Tierarzt gefahren, wo sie eine große Infusion und eine Spritze gegen die Übelkeit bekam. So ließ sich einigermaßen die Nacht überstehen, auch wenn keiner wirklich schlief. Ginny, weil ihr so schrecklich schwindelig war. Die Chefin, weil sie jeden Atemzug der kleinen alten Dame überwachte und wir, weil wir uns so um die Chefin sorgten. Am nächsten Morgen ging es gleich wieder zur Infusion. Nach und nach ging das Augenzucken zurück und die Welt kam langsam wieder zum Stehen. Trinken brauchte Ginny ja nicht, die Infusion spülte sie völlig durch, aber an essen war nicht zu denken.

      
    Da Ginnys Welt durch die verkehrten Werte aus ihrem kaputten Öhrchen völlig verdreht stand, hielt sie den Kopf total schief und beim Versuch zu laufen, fiel sie entweder um oder drehte sich im Kreis. Wir anderen Hunde waren ganz ruhig und standen höchstens mal im hilfreich im Weg. Es war als bräuchte Ginny Hilfslinien an denen sie sich orientieren konnte. Die Platten im Garten, die Hauswand oder auch mal ein hilfreicher Retriever, der einfach gerade stehend den Weg markierte, wir vermerkten die ersten Fortschritte, als Ginny leicht torkelnd wieder anfing gerade aus zu laufen.




    Im Dunkeln ging es noch viel schlechter, aber wenn ich mir vorstelle, wie ich mich fühlen würde, wenn ich taub und halb blind plötzlich nicht mehr richtig erkennen könnte, wo unten und oben oder rechts und links ist, dann wäre Dunkelheit wirklich das letzte, was ich bräuchte. Die Chefin hat so viele Lampen wie möglich angemacht, damit das Madamchen sich wenigstens ein bisschen orientieren konnte.




    Und ganz, ganz langsam wurde es besser. Jede Infusion schien das Gehirn wieder etwas klarer zu spülen. Mit dem Fressen war es am schlimmsten und erst nach einem Akupunktur-Termin bei Frau Meyer kam die Kiefer- und Zungenmuskulatur wieder in die Bahn. Wahrscheinlich war neben dem Vestibularinfarkt auch ein kleinerer echter Schlaganfall beteiligt, denn es war als hätte Ginny vergessen, wie das mit dem Kauen funktioniert. Sie hatte Appetit, nahm das feinste Futter und ließ es dann aber verwirrt wieder aus dem Maul fallen. Die Chefin hat Hühnerbrust gekocht, das war das einzige was ging.

      
    Wir anderen Hunde haben Ginny so genommen wie sie war. Obwohl sie nicht geradeaus laufen konnte, roch sie ja vertraut, es hat sich mal wieder gezeigt, dass Hunde mit Behinderungen viel besser klar kommen als Menschen.
    Auch Ginny hat, nachdem das fürchterliche Schwindelgefühl abgeklungen war, nicht gehadert, sondern hat ihre kleinen Schrittchen vorwärts gemacht, und wenn sie dabei einen Kreis lief, hat sie kurz inne gehalten, scharf nachgedacht und dann einen neuen Versuch gestartet.

      
    Nach 2 Wochen konnte endlich grünes Licht gegeben werden: Trotz schiefem Köpfchen hat Ginny nochmal die Kurve ins Leben zurück gefunden. Sie kommt wieder selbständig auf ihr geliebtes Bett, sie frisst regelmäßig und auch wenn das Kratzen mit den Hinterbeinen noch nicht funktioniert, kann sie sich wieder schütteln und sogar auf geraden Wegen galoppieren.

      
    Und das Wichtigste: Sie kann wieder lachen und fröhlich sein!
    Was ist das für ein Hundeleben, wenn jeder Schritt eine Qual ist, das Futter nicht mehr schmeckt und die gewohnten Abläufe nicht mehr funktionieren?
    Ginny spielt wieder mit den Chefs und kullert übers Bett. Sicherlich nicht mehr so koordiniert wie früher, aber mit dem Schalk in den trüben Augen!




    Sie ist nochmal von der Schippe gesprungen, unser tapferes Terrierherz, und wir genießen jeden Moment, den wir sie noch um uns haben!
    Genießt auch Ihr jeden Moment, zusammen mit euren Menschen und euren vierbeinigen Freunden, die Zeit ist kurz genug, Euer Carlito