Liebestoll

Ginger und ich haben ein kleines Geheimnis, die anderen wissen nichts davon. Oder vielleicht wissen sie es und schweigen aus Höflichkeit. Auf jeden Fall haben meine geliebte Miss Mollipops und ich uns noch einmal das Jawort gegeben und eine geheime Hochzeit auf unserer Schafkoppel unter dem Weißdorn gefeiert.

  
Eigentlich war es gar nicht geplant, schließlich sind wir beide mit 6 und 7,5 Jahren schon reifere Semester, aber als wir beide es so richtig und wirklich wollten, hat die Chefin sich überreden lassen und uns freie Hand bzw. Pfote gelassen.

Was soll ich sagen – mit meiner Ruhe und Gelassenheit war es mit dem Beginn der Standhitze meiner Damen komplett vorbei. Konnte ich mich vorher noch rühmen, neben der läufigen Simba auf dem Sofa gemütlich zu chillen und auf dem Spaziergang nur ab und zu schmachtende Blicke auf die göttliche Ginger zu werfen, ging mit den Stehtagen alle Contenance in feuriger Leidenschaft unter.

  
Die Chefin war ziemlich pingelig und hat mich nicht mehr zu den Mädels gelassen. Also Simba war mir weiter total egal, aber Ginger, meine Ginger – ich habe schmachtende Lieder gesungen und ein paarmal völlig unmännlich laut geschluchzt.

  
Morgens und abends hatten Ginger und ich unser Schäferstündchen und zu meiner größten Freude war Mrs Mollipops diesmal gar keine Drachenbraut, sondern fröhlich und lieb!
Also nicht, dass sie mich schneller erhört hätte als die letzten Male, wie immer musste ich lange werben und stur durchhalten, bis ich endlich Erfolg hatte.

Selbst meine täglich aufgelegte Schminke half nicht wirklich weiter ...

  

Dazu kam das wirklich abartige Regenwetter, dass jedes Liebesspiel zum Schlammcatchen verkommen ließ. Glücklicherweise fand Ginger mich auch klatschnass und schlammverkrustet wunderschön. Im Gegensatz zum letzten Jahr war sie auch gar nicht mehr so scharf auf Jacky, vielleicht weil sie gemerkt hat, dass Simba sich gerne mit mir gepaart hätte und sie auf keinen Fall den Anschluss verpassen wollte.

  

Von Tag zu Tag wurden meine Gesänge lauter und mein Liebeswerben intensiver.

  

  
Und dann kam der erste Morgen, nach gefühlten Wochen des Regens, der sonnig war. Zusammen mit meinem Kumpel Wanja wanderte ich über die Koppel und fühlte mich stark, kraftvoll und optimistisch.

  
Und dann kam sie! Die schönste und molligste Retrieverin der Welt!

  
Ich gab wirklich alles, war stürmisch, war kicherig, war charmant, war überwältigend – und ganz zum Schluss – Wanja ist Zeuge – ist es gelungen!

  

  ,

  
Wenn die Natur es gut mit uns meint, werden wir im Mai noch einmal kleine Gingerlis und Carlitos bekommen – auf dass das Haus voll werde! Aber mit Simbas und Jacks Hilfe, und natürlich mit der Unterstützung von Kater Wanja, der Patenonkel werden will, werden wir die Welpen schon schaukeln!

Ich bin so stolz, ein klein bißchen müde nach dem ganzen Liebeswahn, und blicke voller Vorfreude in die Zukunft, euer Vater in spé, Carlito